Samstag, 13. Oktober 2007

BERLIN

Gestern war ich nun also in dem Stück, und ich muss sagen dass es jeden einzelnen Dollar wert war.

Ich ging zuerst in dieses Theater ohne zu wissen, was mich erwarten würde, der Hinweis dass dieses Stück von der Sydney Dance Company ist und dass ein sich iOTA nennender Sänger, der in Australien Kultstatus annimmt, dort witwirkt, ließ mich auf ein Musical-Tanztheater schließen.

Teilweise richtig.

Wenn man 17 Tänzer auf 120 Quadratmeter packt, von denen man nicht die Vorgeschichte kennt, ist es verdammt schwer genau diese ohne Worte in 75 Minuten zu erzählen.

Es spielt in dem halb zerbombten Berlin der Nazis, wo Hoffnung und Geborgenheit die letzten Dinge sind, die man erwartet, und das Stück bietet auch nur die Aussicht auf diese.

Es ist nicht schön in dem Sinne, dass es Hollywood-mäßig aufgezogen ist: Aber wenn Leute, die wie SS-Männer gekleidet sind, Hakenkreuze tanzen, wenn 17 Tänzer den Hitlergruß vollführen, wenn sich die maskuline Lust in purer Sexualität und Vergewaltigung ausdrückt, und wenn dazu ein disharmonischer Klang ertönt, der die Dunkelheit nur noch verstärkt, dann kann man sich dem Bann das Stückes nicht entziehen.

Der Engel, der unter anderem auch auf den Plakaten zu sehen ist, dient nicht als Erretter, sondern als Beobachter, er kommentiert, er wirkt wie der eine kühle Pol in dem Stück, der andere ist die Nazi-Frau, die immer das gleiche, eisige Lächeln auf dem Gesicht hat, egal ob gerade Leute exekutiert werden oder ob der Außenseiter von den Soldaten schikaniert wird.

Die Zirkusleute versuchen einem kleinen Mädchen durch eine Vorstellung Hoffnung und Erleichterung zu geben, nur damit der Offizier kurz darauf ihr Tagebuch verbrennt.

Und während der gesamten Vorstellung sitzt eine Frau in der Ecke und strickt...

Niemand ist überflüssig, alles perfekt choreografiert, von dem Hünen der den Tod seines Kumpanen beschreit hin zu der Mittellosen, die von dem Soldaten bedrängt wird.

Die Beklommenheit und Intensität sind die Methoden, die zusammen mit der wirklich genialen Stimme des Sängers zu einer inneren Gänsehaut führen.

Ich bin nach der Vorstellung noch 10 Minuten sitzengeblieben...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke, daß Du sehr eindrucksvoll diese Aufführung beschrieben hast!

Bei dem Sänger, der sich iOTA nennt, muß es sich doch wohl um Iva Davies handeln, der nicht nur in Australien Kultstatus erreicht hat, sondern auch bei mir. Übrigens Kopf der austrl. Band "Icehouse".

Als das Musical 1996 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, gab es vom Sänger auch gleich ein Musikalbum dazu, das sich "The Berlin Tapes" nennt. Ein Album mit mehr oder weniger bekannten Songs, die melancholisch gecovert wurden, aber sehr sehr schön anzuhören. Kann ich nur empfehlen....

Schade, daß ich dieses Musical nie sehen konnte. Es wäre eine nette Idee eine Aufführung mal in Berlin zu zeigen.